Ist es sinnvoll dieses Tropenhaus ohne Abwärme weiter zu führen?
Das Tropenhaus wurde von der Abwärme der nahe gelegenen Verdichtungsstation einer Gasleitung geheizt. Diese Quelle ist mit den Jahren fast vollständig versiegt. Ein neues Heizsystem muss gefunden werden und der damalige Eigentümer (COOP) entschloss sich u.a. deswegen zum Verkauf.
Wie sinnvoll ist es, dieses Tropenhaus zu erhalten? Eine Frage die wir uns als aller erstes stellten, als wir vom Verkauf hörten. Und die nächste Frage: Wie kann eine aus unserer Sicht ökologisch vertretbare Zukunft für so eine Anlage aussehen – wenn keine Abwärme zur Verfügung steht?
Zuerst befassen wir uns mit dem Bestehenden. Die von COOP gelieferten Zahlen waren eindeutig: Ein Produktionshaus mit einer Fläche von mehr als 5’000m2 unter 1 fach Verglasung macht in unseren Breitengraden – ohne Abwärme – wenig Sinn. Die einzige Lösung sahen wir im Abbruch des Gebäudes und dem Erstellen von zonenkonformen Doms (siehe Recycling – Garten) mit unterschiedlichen Grundflächen. Die einzelnen Dome können mit verschiedenen Methoden unterschiedlich warm geheizt werden. Als Ausgangslage für die Bewirtschaftung wollen wir die Ansätze der Permakultur verwenden. Landschaftlich lassen sich die Dome wesentlich besser eingliedern als das bestehende Produktionshaus. Ab dem Jahr 2021 wird die Anlage zudem noch um 2 ha Aussenraum ergänzt.
Viel Energie verbraucht auch das wellenförmige Erlebnishaus (mehr als 3’000m2) mit Restaurant. Im Gegensatz zum Produktionshaus hat dieses Gebäude eine 3 fach Verglasung, ist architektonisch interessant und bietet eine wunderschöne Kontaktzone für die unterschiedlichsten Besucher. Sein Erhalt ist unbestritten. Durch die Vergrösserung des Areals um die 2 ha kann das Verhältnis von Energiekosten zur Nutzungsfläche optimiert werden.
Mit der Welle als Blickfang, den Doms die sich im Hang verteilen und dem Permakulturgarten rund um die Gebäude entsteht ein stimmiges Gesamtkonzept.
Ein Ort dieser Größenordnung und mit den Rahmenbedingungen muss lebendig und attraktiv werden. Der hohe Energieverbrauch macht aus unserer Sicht nur Sinn, wenn daraus ein Nutzen für die Allgemeinheit entsteht.
Nebst der Produktion in unterschiedlichen Klimazonen, dem Erlebnisgarten und dem Gastronomiebereich planen wir ein Zentrum für Themen die sich mit dem Klimawandel befassen. An Tagungen soll rund um das Thema Klimawandel ein lebendiger Informationsaustausch von allen für alle stattfinden.
Wie kann man mit einem variierenden Klima umgehen? Welche Bewirtschaftungsformen, welche Energiegewinnung und was für Bauten sind sinnvoll. Wer hat schon praktische Erfahrungen gesammelt mit z.b. speziellen Kulturen, Energiegewinnung etc. und ist bereit diese einem breiteren Publikum vorzustellen?
Mit der praktischen Erforschung in einem natürlichen Umfeld können wir sofort anwendbare Methoden zeigen und die Teilnehmer untereinander vernetzen. Dabei bildet das Tropenhaus die Plattform.
Anpassungen in unserem Umgang mit der Umwelt sind notwendig – aber nicht um jeden Preis. Deswegen müssen alle Projekte eine hohe Lebensqualität für Mensch, Tier, Pflanze und Mineral beinhalten.
Je mehr Tagungen stattfinden, je interessanter die Beiträge sind desto mehr pulsiert der Ort und kann zu einem Leuchtpunkt werden.
Wenn wir dies erreichen und dank dem Erlebnishaus auch ein viel breiteres Publikum ansprechen können dann sind aus unserer Sicht die hohen Energiekosten auch vertretbar.
Im Sommer 2019 erhalten wir von Coop die schriftliche Zusage, dass Sie unserem Projekt, sofern die Finanzierung sicher gestellt ist, den Vorrang geben.
Im Dezember 2019 fand die Übergabe statt und wir begannen damit, unsere Idee um zu setzen. 2 Wochen nach der Eröffnung Ende Februar 2019 kam der Lockdown. Während dieser Ausnahmesituation und der Zeit unmittelbar danach wurde klar, dass die inhaltlichen und ethischen Vorstellungen des Investors und des Leiters Gastronomie nicht mit unserer Projektidee vereinbar sind.
Ende August 2020 trennten sich unsere Wege. In welche Richtung sich das Tropenhaus unter der neuen Führung entwickelt wird die Zukunft zeigen.
(Projektgruppe Panazea: Sabine Sonntag, Hansruedi Ackle, 2018)